§. 51.

Verschiedenheit der Datteln in Ober- und Niederägypten, welche dort gut, hier schlecht sind , und doch wieder gut im benachbarten Judäa.

Da durch ganz Aigyptos die Palme schlechter Art ist, und in den Gegenden um das Delta und Alexandreia kaum geniessbare Frucht hervorbringt, so wächst in Thebais noch die beste Palme von allen. Es verdient aber Verwunderung, wie die denselben Breitenstrich mit ludaia bewohnenden und nachbarlichen Orte um das Delta und Alexandreia solche Verschiedenheit zeigen, da Iudaia ausser der gemeinen Dattel auch die der Babylonischen nicht viel nachstehende Nussdattel erzeugt. Doppelartig aber ist auch jene in Thebäis, wie jene in ludaia, sowohl die gemeine als die Nussdattel; die Thebäische ist härter; aber wohlschmeckender zur Verspeisung. Dort ist auch eine die besten Datteln vorzugsweise hervorbringende Insel, welche den Statthaltern sehr grosse Einnahme gewährt. Denn vormals war sie königlich, und kein Bürgersmann hatte Antheil; jetzt aber gehört sie den Statthaltern.

§. 52.

Falsche Nachrichten des Herodotus von den Nilquellen. Nilinseln.

Mancherlei Geschwätz aber machen Herodotos und Andere, indem sie ihrer Rede gleichsam als Gesang, oder Versklang, oder sonstige Verschönerung Wunderdinge einmischen; wie, wenn sie sagen, um die Inseln neben Syene und Elephantine (denn es gibt dort viele) seien des Neilos Quellen, und das Fahrwasser an diesem Orte habe unergründliche Tiefe. Wirklich aber enthält der Neilos sehr viele zerstreute Inseln, einige während der Anschwellungen gänzlich, andere zum Theil bedeckte; aber die sehr erhabenen Theile werden durch Schneckenpumpen gewässert.

§. 53.

Politisches Verhältniss Aegyptens gegen andere Völker durch seine Abgeschlossenheit und die Schwäche der Nachbarvölker. Die Aegyptier, stets friedsam und unkriegerisch, waren den Römern leicht in Gehorsam zu erhalten, wie einige geschichtliche Beispiele zeigen.

Aigyptos nun war von Anfang grösstentheils friedsam, weil das Land sich selbst genügt, und allen Fremden das Eindringen erschwert, sintemal vom Norden her durch hafenlose Küste und das Aigyptische Meer gesichert; von Morgen und Abend durch öde Berge, sowohl die Libyschen als die Arabischen, wie wir sagten; das Uebrige gegen Süden besetzen Troglodyten, Blemmyer, Nuben, und die Megabarer, jene Aithiopen über Syene. Diese Völker sind Wanderhirten und weder zahlreich noch wehrhaft, wiewohl früher dafür gehalten, weil sie oftmals Unvorsichtige räuberisch überfielen. Aber auch die weiter gegen Mittag und Meroe hinaufreichenden Aithiopen sind weder zahlreich noch in Verband, da sie ein langes und schmales und krummes Flussthal bewohnen, wie wir es oben beschrieben; auch nicht zum Besten vorbereitet weder für Krieg noch für das übrige Leben. Noch jetzt ist das ganze Land so friedlich gesinnt. Ein Beweis ist, dass das obere Land von den Romanern nur durch drei, nicht einmal vollzählige, Rottenscharen hinlänglich bewacht ist; und als die Aithiopen einen Angrif wagten, gerieth sogar ihr eigenes Land in Gefahr. Auch die übrigen Streitkräfte in Aigyptos sind weder sehr beträchtlich, noch gebrauchten die Romaner sie alle vereint, auch nicht einmal; denn weder die Aigyptier selbst, wiewohl sehr zahlreich, sind Krieger, noch die Völker umher. Schon Cornelius Gallus, der erste von Cäsar Augustus angestellte Statthalter dieses Landes, rückte vor das abgefallene Heroonpolis, und nahm es mit Wenigen; und eine in Thebais über die Steuern ausgebrochene Empörung ;unterdrückte er in kurzer Zeit. Auch Petronius leistete nachher nur mit der bei ihm befindlichen Mannschaft Widerstand, als ein Volkshaufen vieler Myriaden Alexandrier mit Steinwurf auf ihn eindrang. Ein Theil derselben wurde getödtet, die übrigen beruhigt. Und auf welche Weise der mit einem Theile der Aigyptischen Besatzung in Arabia vordringende Aelius Gallus die Untauglichkeit jener Menschen zum Kriege erprobte, ist schon erzählt; und hätte Sylläus ihn nicht verrathen, so hätte er wohl das ganze Glückliche Arabia unterworfen.

§. 54.

Erzählung von des Petronius glorreichem Feldzuge gegen die in Thebais eingedrungenen Aethiopen, deren Königin Kandake besiegt und ihre Städte Pselchis, Premnis und Napata erobert werden. Aethiopische Gesandschaft an Augustus.

Als aber die Aithiopen, übermüthig geworden durch Entfernung eines Theiles der Macht in Aigyptos mit dem gegen die Araben kriegenden Aelius Gallus, Thebäis und die Wache der drei Rottenscharen in Syene überfallen, und Syene und Elephantine und Philai in unerwartetem Anlauf zuvorkommend erobert, Gefangene weggeführt, und sogar Cäsars Standbilder niedergerissen hatten, zog Petronius mit weniger als zehntausend Fussgängern und achthundert Reitern gegen dreissigtausend Mann, und zwang sie zuerst zurück zu fliehen nach Pselchis, einer Aithiopischen Stadt, und schickte Gesandte, sowohl das Genommene verlangend, als auch die Ursachen des angefangenen Krieges. Da sie sagten, dass ihnen von den Gaubeamten Unrecht geschehen, erwiederte er, nicht Diese seien Herren des Landes, sondern Cäsar. Als sie dann drei Tage verlangten zur Berathung, aber nichts von dem thaten, was sie sollten, rückte Petronius vor, und zwang sie, sich zur Schlacht zu stellen; bald aber trieb er die schlecht Geordneten und schlecht Bewaffneten in Flucht. Denn sie hatten grosse und zwar rohlederne Schilde, als Kampfwaffen aber Aexte, Einige auch Speere, Andere Schwerter. Ein Theil nun wurde in die Stadt zurückgetrieben, die übrigen flohen in die Wüste, Einige in die Stromfurt sich werfende nahm eine nahe Insel auf; denn hier waren wegen starker Strömung nicht viele Krokodile. Unter Diesen waren auch die Heerführer der Königin Kandake, welche zu unsrer Zeit die Aithiopen beherrschte, ein mannhaftes Weib, und verstümmelt an einem Auge. Diese nun nahm Petronius, auf Flössen und in Barken hinüberfahrend, alle lebendig gefangen, und sandte sie sofort nach Alexandreia, worauf er Pselchis angriff und eroberte; und als man die Menge der im Kampf Gefallenen mit den Gefangenen zusammenzählte, fand sich, dass der Geretteten nur wenige waren. Von Pselchis die Sandhügel durchwandernd, in welchen Kambyses Heer bei einfallendem Winde begraben wurde, kam er nach Premnis, einer naturfesten Stadt. Mit Anlauf angreifend nahm er die Veste, und wandte sich sodann gegen Napata. Dies war Kandake's Königssitz, und hier war ihr Sohn, sie selbst aber lag in einer nahen Veste. Als sie eben Gesandte abschickte zu Freundschaft, und die Gefangenen aus Syene und die Standbilder zurückgab, rückte Petronius vor Napata, welches er, da der Sohn entflohen war, eroberte und zerstörte; mit den Gefangenen aber und der Beute wandte er sich wieder rückwärts, weil er das tiefere Land für unzugänglich hielt. Nachdem er Premnis besser befestigt und Besatzung eingelegt hatte, auch Lebensmittel auf zwei Jahre für vierhundert Mann, ging er zurück nach Alexandreia; einen Theil der Gefangenen verkaufte er als Beute, tausend übersandte er dem eben damals aus Kantabria zurückkommenden Cäsar, die Uebrigen hatten Krankheiten aufgerieben. Unterdessen war Kandake mit vielen Myriaden gegen die Schutzwache ausgezogen. Petronius, zu Hülfe eilend, gelangte zuvorkommend zur Veste. Nachdem er den Ort durch mehre Vorrichtungen gesichert hatte, befahl er den abermaligen Gesandten, sich an Cäsar zu wenden. Als Diese sagten, sie wüssten nicht, wer Cäsar sei, und wohin man zu ihm gehen müsse, gab er ihnen Begleiter. So kamen sie nach Samos, wo Cäsar war, und von dort, zuvor Tiberius nach Armenia absendend, übergehen wollte nach Syria. Nachdem sie Alles erlangt, was sie begehrten, erliess er ihnen auch die aufgelegten Kriegsgaben.

 
ENDE